Have any questions?
+44 1234 567 890
Anno dazumal
Die Reepschlägerei von Heinrich Sauerberg in der Mensingstraße Nr. 9
© Stadt Lütjenburg / Dr. Sigurd Zillmann - Arbeitskreis Stadtarchiv / Petra & Stefan Gramkow - Agentur inpuncto Werbung. Kopieren/Teilen nicht gestattet.
Die Fotos zeigen sich beim Anklicken vergrößert.
Die Reepschlägerei von Heinrich Sauerberg in der Mensingstraße Nr. 9
(Ersterscheinung ´hein´s magazin´ Lütjenburg / © Petra & Stefan Gramkow - August 2012)“
Am Ende des Friedhofsweges östlich der Lindenreihe am Friedhof steht ein schmales kleines Häuschen; die Inschrift über der Tür ist verwittert. Das Gebäude gehört heute weder der Kirche noch der Stadt, sondern ist im Besitz des Eigentümers des Hauses Mensingstraße Nr. 9.
Hartmut Tretow hat sich einmal die Mühe gemacht, die Beschriftung zu rekonstruieren. Dort stand geschrieben: „Reepschlägerei Heinrich Sauerberg“. Dass in einer Reepschlägerei früher Stricke, Seile und Taue hergestellt wurden, ist bekannt. Aus der Bauakte geht hervor, dass „Reifermeister“ Heinrich Sauerberg am 2. März 1997 einen Bauantrag für die Errichtung eines Wohnhauses mit Stall, Arbeitsschuppen und „Reiferbahn“ stellte.
Da das Grundstück der Kirche gehörte, ging der Bauantrag zunächst an die Kirche und erst dann an die Stadtverwaltung. Die Verhandlungen müssen recht kompliziert gewesen sein, denn der Bauantrag wurde erst zwei Jahre später, am 22. März 1899, von Heinrich Sauerberg unterschrieben und von Bürgermeister Hermann Ronneberg seitens der Polizeiverwaltung der Stadt Lütjenburg am 22. August 1899 mit Unterschrift und Siegel genehmigt. Aus dem erhaltenen Lageplan geht hervor, wo genau die genannten Gebäude errichtet werden durften. Dabei ist vor allem interessant, dass sich die genehmigte „Reiferbahn“ direkt an der Ostgrenze des Friedhofs, parallel zur östlichen Lindenreihe, befand. Ihre Länge betrug 78 Meter und erstreckte sich in Richtung der Straße „Auf dem Kamp“, der damals noch nicht erschlossenes Kirchengelände war. Wo heute die Mensingstraße verläuft, führte damals ein schmaler Fußsteig in Richtung Mühlenstraße.
Das Reephandwerk war auch schon in früherer Zeit ein seltenes Handwerk. In den Handwerksarchiven finden wir einen Reepschläger i. J. 1769, i. J. 1867 deren zwei und wieder einen i. J. 1905. Bei dem letzten Beleg dürfte es sich um unseren Heinrich Sauerberg handeln. Wir können sogar davon ausgehen, dass dieses Handwerk über mehrere Generationen vererbt wurde (vgl. Festschrift: „700 Jahre Lütjenburg“, Plön 1975, S. 176).
Von unserer Zeitzeugin Ella Ladehoff - Sauerberg erfuhren wir noch weitere Einzelheiten über den „Stammvater“ der Lütjenburger Sauerberg – Großfamilie. Reifermeister und Reepschlägermeister Heinrich Sauerberg hatte vier Söhne und eine Tochter und verstarb im Jahre 1928. Der älteste Sohn, Carl, ist im II. Weltkrieg gefallen; der zweite Sohn, Friedrich, war Postbote in Lütjenburg und verheiratet mit Frieda Krohn. Diese war in erster Ehe mit dem Maler und Ehrenbürger der Stadt Lütjenburg, Willy Knoop, verheiratet, dessen Kunst in den letzten Jahren – auch durch Ausstellungen in Lütjenburg – so etwas wie eine Renaissance erfährt (vgl. „Gerhard Eckert: „Willy Knoop, Maler zwischen den Zeiten“, in: Jb.f.Hk.i. Krs. Plön, 1988, Seite 65 - 70). Der dritte Sohn, Walter, verheiratet mit Ursula Sell, war Bauarbeiter bei der Baufirma Griebel am Stadtteich und der vierte Sohn, Helmut, war selbständiger Malermeister.
Und Heinrich Sauerbergs Tochter? Sie hieß Henny und war mit dem Ofensetzermeister Carl Mahling verheiratet. Eine der beiden Töchter, Lisa, heiratete Ofensetzermeister Karl – Heinz Langfeld, den Vater des jetzigen Betriebsinhabers Gerd Langfeld. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.
Als Ella Ladehoff – Sauerberg Ende der 50ger Jahre das letzte Mal in den kleinen Innenraum der Reepschlägerei hineinschaute, war die Maschine, mit der die Tampen unterschiedlicher Stärke gedreht wurden, schon ausgeräumt. Wie man ihr erzählt hat, war Heinrich mit Fahrrad und Anhänger über die Dörfer gefahren, um seine Seile und Taue Landwirten und Bootsbesitzern anzubieten.
Das Wohnhaus hinter der kleinen Reepschlägerei, Mensingstraße Nr. 9, wurde im Jahre 1936 von Wilhelm Schneider erworben und bewohnt. Im Jahre 1988 zog die Familie Gloy ein, deren Tochter bis vor wenigen Jahren dort wohnte. Derzeit wird das Anwesen renoviert.
Dr. Sigurd Zillmann
Verantwortlich für den Inhalt:
Arbeitskreis Stadtarchiv Lütjenburg Wer weitere Hinweise geben oder Fotobelege beisteuern kann, melde sich bitte im Stadtarchiv (Dr. Sigurd Zillmann, Tel. 04381/7319)